Jahresendgespräche: "Wie bringe ich sie am schnellsten hinter mich?" - Oder doch ein tatsächlich effizientes und motivierendes Führungsinstrument?

Neulich im Unternehmen. Die Führungskraft sitzt im stillen Kämmerlein und brütet über der Formulierung für den personal dialogue / das Jahresendgespräch / die Ziele für das nächste Jahr (und was es noch alles für Namen gibt für das angeblich wichtigste Gespräch des Jahres). Das Gespräch muss noch unbedingt durchgeführt werden. Den Sinn und Unsinn davon hat die Führungskraft noch nicht ganz ergründet.

Den betroffenen Mitarbeitern geht es meist ebenso und die Haltung beider gegenüber diesen Gesprächen ist dann auch schnell: „Hopp, hopp! Dann haben wir´s hinter uns.“ der: „Lass uns Kaffee trinken und Kekse essen und noch ein bisschen über Privates quatschen. Dann nehmen wir uns noch die 5 Minuten, um der Statistik zu genügen. Ich hab schon alles vorbereitet.“ Und so geht es oftmals durch alle Hierarchien.

Klare Prozessvorgaben angebracht

Warum eigentlich werden diese Gespräche als unnütz, als Zeitverschwendung, als Kritikgespräch und Abrechnung oder als Ansage ohne Widerhall gesehen? Obwohl doch ganze Heerscharen von klugen Köpfen sich immer wieder neue Strukturen, neue Balance Score Cards (oder wie auch immer diese Prozessoptimierungen genannt werden), neue Prozesse und Vorgaben dafür ausdenken. Verstehen Sie mich nicht falsch: natürlich kann eine Prozessvorgabe hilfreich sein. Sie kann!

Und warum wird dann immer wieder gestöhnt unter der Last dieser Gespräche? Warum bloß? Weil die Gespräche nur teilweise oder gar nicht strukturiert geführt werden. Weil diese als Jahres-Abrechnungs-Gespräche betrachtet und auch so geführt werden. Weil die Unternehmensführung sie als notwendiges Übel betrachtet und nicht als Führungsinstrument ersten Ranges. Weil Unternehmenskulturen so schwammig sind, wie die Formulierungen, die in den Vereinbarungen aus den Gesprächen verwendet werden. Weil Führungsaufgaben in fachlich und disziplinarisch geteilt werden (Das kann funktionieren, und muss nicht! Darauf komme ich in einem späteren Blog zurück).

Transparenz schafft Vertrauen und Motivation

Welche Voraussetzungen müssen dann unserer Meinung nach gegeben sein, damit diese Gespräche tatsächlich bei der Entwicklung von Menschen helfen?

Eine Voraussetzung ist, dass die Gesprächsstruktur transparent gemacht wird. Das heißt dann auch, dass es keine hidden agenda für das Gespräch geben kann, dass die Vorgaben konkret sind, dass die Vorgehensweise jedem Beteiligten geläufig ist. Also dem Chef ebenso wie dem Mitarbeiter.

Eine Zweite ist, dass es KEIN Abrechnungsgespräch ist!

Es ist ein Zielvereinbarungsgespräch (und kommen Sie mir jetzt nicht mit: Das machen wir in einem extra Gespräch!). Es ist ein konkretes Gespräch über erreichte Resultate und konkrete Vereinbarungen für die nächste Zukunft. Es ist ein Gespräch auf Augenhöhe, voller Respekt für den Anderen. Es ist ein kurzes Gespräch. Es ist ein letztes Gespräch in einer Reihe von vielen über das Jahr verteilt. Es ist ein Entwicklungsgespräch. Und es ist ein Gespräch, das in der Kultur des Unternehmens top-down verankert ist. Niemand entgeht ihm, alle freuen sich darauf. Auch der Chef! (Dieser muss sich dann jemanden seines Vertrauens suchen, der mit ihm das Gespräch führen will! Intern oder extern.) Und die Kultur des Unternehmens ist auch bei diesen Gesprächen die Mutter und der Vater des nachhaltigen Erfolgs.

Unternehmensführung will gelernt sein

Welche Kultur das ist? Jedes Unternehmen hat seine eigene. Und doch bleiben es immer wieder die gleichen Grundsätze: Respekt und Menschlichkeit, Transparenz und damit Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Und es ist eine Kultur, die von verantwortlichen Managern, Geschäftsführern und Vorständen geprägt wird. Das Jahresendgespräch und seine Struktur, Verlauf und Duktus ist mit all seinen über das Jahr verteilten Vorgängern eine Aufgabe, die nicht – ich wiederhole mich hier gerne: nicht! delegiert werden kann. Weder an die Personalabteilung noch an sonst jemanden im Unternehmen.

Nehmen Sie darum die Herausforderung des kontinuierlichen Entwicklungsgespräches an. Diese Gespräche sind zu wichtig für Ihr Unternehmen und sind ein unbedingter Bestandteil der Unternehmenskultur. Und Unternehmenskultur liegt - wie es visionäre Unternehmensführer schon lange sehen – im Portfolio der Unternehmensführung! In Ihrer Verantwortung! Und ausschließlich dort.