Papst und Königin Beatrix machen Nachfolge - Was sich deutsche Unternehmen von den VIPs abschauen können

Der Papst tritt zurück! Was für eine Nachricht! Welche Tragweite hat das? Welcher Zusammenhang kann hergestellt werden? Und welche Erkenntnisse liegen hier für all unsere älter werdenden Unternehmenspatriarchen und Unternehmenspatriarchinnen?

Ach ja: Der Papst ist übrigens nicht die einzige Person, die in den letzten Tagen und Wochen zurücktrat. Auch Königin Beatrix trat zurück.

Vorbilder – in doppelter Hinsicht

Was erleben wir in diesen beiden Fällen? Wir haben es hier mit zwei herausragenden Persönlichkeiten zu tun. Beide führen (noch) eine gewaltige Organisation und stehen dieser vor. Von beiden wird eine hohe Präsenz verlangt. Die sie beachtende Welt erwartet von beiden stets Entscheidungen und klare Statements. Für den Papst gilt: die halbe Welt hängt an seinen Lippen und bewegt sich in den von ihm vorgegebenen Bahnen, bei Beatrix ist es immerhin ein ganzes (wenn auch kleines) Land. Und beide sind sich ihrer Verantwortung, ihrer herausragenden Rolle bewusst! Beide haben über die letzten Jahre alles gegeben. Physisch wie psychisch. Sie wollten immer nur das Beste. Kräftezehrende Zeiten liegen hinter beiden. Und plötzlich – für Beatrix gilt dies ebenso, wie für Ratzinger – eine Entscheidung, die die sie betreffende Welt auf den Kopf stellt. Rücktritt, den Weg frei machen für einen anderen. Beatrix steht hier in der Tradition (auch Juliana trat zu Gunsten von Beatrix zurück), der Papst bewegt sich hier auf beinahe völlig neuem Terrain.

Was bewegte die beiden zu diesem bedeutenden Schritt? Hier können wir alle nur spekulieren. Und doch ist eines aus beider Statements abzuleiten: Für beide war mit ausschlaggebend, das Gefühl oder das Wissen, die Verantwortung für das zu lenkende Schiff nicht mehr vollständig übernehmen zu können. Und deshalb diese an eine jüngere Person abzugeben. Zum Wohle der gesamten zu führenden Organisation. Überleben ist hier das Zauberwort – zum Wohle aller.

Die Angst vor dem Verlust der Macht

Welcher Zusammenhang lässt sich nun ableiten? Nehmen wir unsere Familienbetriebe in Deutschland. Es gibt einige davon. Viele sogar. Und viele werden von Unternehmern und (einigen) Unternehmerinnen geführt, deren Kinder längst in den Startlöchern stehen. Warum lassen diese Patriarchen und Patriarchinnen nicht los? Ja, es passiert sogar, dass sie sich offiziell von dem Unternehmen verabschiedet haben und doch ihren Kindern immer noch und ständig hineinreden oder sogar eingreifen. Welche Signale senden diese Menschen gegenüber ihren Nachfolgern aus? Unvermögen, Misstrauen, Skepsis, Angst – um nur einige zu nennen.

Was ist die Folge für Organisationen? Hüh und Hott! Die eingesetzten Geschäftsführer (die Kinder) sagen „dies“, der noch stets das Unternehmen nicht loslassen könnende Altvordere sagt „das“. Die Mitarbeiter stellen sich auf das Neue ein, ziehen mit, um dann wieder zurück gepfiffen zu werden. Sie müssen mit ansehen, wie die „Jungen“ angeschnauzt werden, klein gemacht werden. Motivation ade! Chaos hallo! Unternehmensziele werden dadurch schwerer erreichbar, wenn überhaupt. Gefahr für das Ganze. Und das alles, weil ein Mensch einfach nicht loslassen kann oder will.

"Tradition ist nicht das Halten der Asche,
sondern das Weitergeben der Flamme."
Thomas Morus (1477/78-1535):

Deshalb ziehe ich den Hut vor der Entscheidung des Papstes und der Königin der Niederlande. Entscheidungen, die dazu geeignet sind, neuen Schwung in die Bude zu bringen, Zukunft zu ermöglichen.

Genau das Gleiche gilt auch für unsere Familienunternehmen in Deutschland: Liebe älter gewordene Patriarchen und Patriarchinnen! Wenn es soweit ist, übergebt die Zügel –ohne auch nur den kleinsten Strick weiterhin in Händen halten zu wollen, über den die in den Startlöcher stehenden jüngeren Generationen stolpern könnten. Glaubt an sie, vertraut ihnen, und helft ihnen, wo nötig! Lasst los und macht euch auf, zu den Dingen, die ihr das ganze Leben immer schon machen wolltet. Das ist verantwortliches unternehmerisches Handeln und Denken.

Wie sagt der Kölner so schön: Et hät noch emmer joot jejange!